Interaktives Erzählen im Netz


Webdoku-Software: 3WDOC Studio

screenshot: 3wdoc.fr

Man nehme Interviews, füge zu angemessenen Teilen Fotos und Text hinzu, mische das Ganze mit ein wenig Video und schmecke mit ordentlich Interaktivität ab – natürlich auf Basis einer guten Geschichte. Dann ab in den Software-Ofen und fertig ist die Webdoku? So leicht ist es natürlich nicht, aber mit dem Multimedia-Editor 3WDOC  hat die Webagentur Hecube aus Paris  einen ersten Schritt dahin gemacht. Eine Webdoku produzieren kann jetzt potenziell jeder: Denn die Beta-Version kann einiges und ist kostenlos.

3WDOC Studio hat das Zeug, das gesamte Genre zu revolutionieren. Bislang war es so, dass die Mehrheit der Webdokus erst aufwändig mit Flash programmiert und produziert werden musste. 3WDOC bietet nun aber einen speziell für Webdokus entwickelten Editor an, der es ermöglicht, Multimedia-Dateien in HTML5 zu veröffentlichen. Zur Einführung in das Thema empfiehlt sich einen Blick auf die zugehörige Webdoku.

Was mit dem Editor möglich ist, zeigt das Beispiel The milk crisis – eine Webdoku, die sich mit dem Existenzkampf der französischen Milchbauern beschäftigt und sehr gelungen ist. Der Zuschauer kann sich nach und nach durch großformatige Videos und stimmungsvolle Bilder klicken und so immer tiefer in das Thema einsteigen. Das Navigieren ist intuitiv und ohne Probleme springt man von Kapitel zu Kapitel. All das wurde mit 3WDOC Studio erstellt, ohne dass auch nur eine Zeile HTML5-Code per Hand geschrieben werden musste.

Das Ganze funktioniert zwar noch über einen eigenen Player, der zurzeit nur auf der Website von 3WDOC läuft. Aber das Team von Hecube hat angekündigt, dass sie bald den Javascript-Code des Players veröffentlichen werden, so dass ihn jeder in seine Webseite einbauen kann.

Einbettbare Webdokus in HTML5? Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Und natürlich hat die Beta-Version auch noch mehr als genug Kinderkrankheiten. So braucht zum Beispiel der Editor im Moment (trotz des zugehörigen Tutorials) doch noch eine gewisse Einarbeitungszeit und dürfte für Laien etwas zu schwer zu bedienen sein. 3WDOC Studio ist beispielsweise beim Erstellen der Webdokus weniger intuitiv und weniger visuell als die Webdoku-Sofware Klynt, dem bisher einzigen echten Konkurrenten (der bisher allerdings nicht kostenlos zu haben ist). Auch die Palette an Effekten für die einzelnen Elemente ist im Moment noch ziemlich beschränkt.

Aber man sollte immer im Auge behalten, dass es sich noch um eine Beta-Version handelt. Wenn die Macher von 3WDOC das Programm weiterentwickeln und sich das Feedback aus der Community zu Herzen nehmen, dann könnte das Programm schon in ein, zwei Jahren zu einem Standard-Element im Online-Journalismus werden und zu einem funktionierenden Werkzeug für Nachwuchsautoren mit wenig Budget.

Ein Gastbeitrag von Martin Hoffmann

 

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