Interaktives Erzählen im Netz


Interview: Alexander Knetig von ARTE Webdocs

„Nur 2 Prozent aller Zuschauer der Arte-Webdokus kommen aus Deutschland“. Alexander Knetig ist im Webdocs Team von ARTE, die etwa acht größere Projekte im Jahr mitfinanzieren und zeigen. Deutsche Autoren sind bisher kaum dabei. Im Interview erklärt er uns seine Vision für die Entwicklung interaktiver Webdokus in Deutschland. Und was bis dahin noch passieren muss.

Wie sieht die Zukunft von interaktiven Webdoku-Formaten in Deutschland aus?

Es ist bisher schwierig, die Seite Webdocs von Arte mit deutschen Inhalten zu füllen, da deutsche Autoren kaum Webdokus produzieren. Von den Zuschauern schauen 90 Prozent die französische, 8 Prozent die englische und zwei Prozent die deutsche Fassung auf ARTE Webdocs. Bei der Webdoku „Prison Valley“ war das ganz extrem. Nur durch den Grimme Online Award jetzt im Juni ist der Anteil der deutschen Fassung von einem Prozent auf immerhin neun Prozent gestiegen. Ausnahme ist noch „New York Minute“ über die Hip Hop Kultur der Stadt vom Oktober 2010. Die Doku wurde von verschiedenen deutschen Hip-Hop-Blogs übernommen und hat deshalb einen deutschsprachigen Anteil von 20-25 Prozent. Das Problem ist, dass in Deutschland die meisten Leute das Format Webdoku, also interaktive Dokumentationen im Netz, noch nicht interessiert.

Würde ein größeres Angebot an deutschen Webdokus auch eine größere Nachfrage seitens der Zuschauer auslösen?

Ich glaube die Nachfrage wäre da. Es gibt in Deutschland genug Web-User und gerade eine jüngere Generation, die weniger fern sieht aber nicht verdummen will. Die wollen genauso anspruchsvolle Webinhalte wie eine etwas ältere Generation. Aber für die wird einfach noch nichts produziert, weil der Markt nicht da ist und deshalb kann das nicht rentabel sein.

Weshalb haben sich interaktive Dokuformate dennoch in anderen Ländern durchgesetzt?

Selbst in Frankreich ist dieser Hype noch ganz neu. Die waren dort auch lange hinterher, wenn man das mit der Entwicklung in Kanada oder den USA vergleicht. Der Unterschied ist, dass man in diesen Ländern Programme entwerfen kann, die nicht profitabel sein müssen. Für neue interaktive Formate gibt der französische Staat Gelder (Centre National du Cinema)  und das macht es für uns als Sender sehr viel einfacher, so ein Projekt mit zu unterstützen. Auch in Kanada klappt die Finanzierung ganz gut, da gibt es Multimedia-Gelder vom NFB (National Film Board of Canada). Und in den Niederlanden gibt es einen Multimediafonds. Wenn man mal schaut, ein Großteil der weltweiten interaktiven Produktionen kommt aus diesen Ländern.

Warum klappt das nicht in Deutschland?

Wir von ARTE können nur etwa 40 Prozent der Produktionskosten zuschießen, der Produzent muss die restlichen 60 Prozent auftreiben. Webdoku-Formate sind relativ teuer in der Produktion, das Gesamtbudget der bei uns veröffentlichten Webdokus beläuft sich auf zwischen 200.000 und 400.000 Euro. Ohne Geldzuschüsse geht das einfach nicht. In dem Moment in dem in Frankreich die öffentlichen Strukturen dafür waren, interaktive öffentlich-rechtliche Inhalte zu produzieren und das zusätzliche Geld zur Verfügung gestellt haben, hat sich das entwickelt. Bis dahin ging gar nichts. Und so sieht es gerade in Deutschland aus.

Was ist denn mit den Medienboards in Deutschland? Hat ARTE da schon einmal wegen einer Kooperation angefragt?

In Deutschland steuern regionale Fonds bisher nur sehr kleine Beiträge bei. Jedesmal, wenn wir einen deutschen Co-Produzenten haben, wie zum Beispiel die Gebrüder Beetz aus Berlin (Die Webdoku „Lebt wohl, Genossen!“ über das Ende der Sowjetunion kommt im Herbst 2011), dann müssen die aus Deutschland raus. Die müssen dann einen Co-Produzenten woanders finden, am besten in Frankreich, denn dann haben sie den Zugang zu CNC-Mitteln. Wenn sie dann noch einen weiteren Co-Produzenten in Europa haben, dann können sie „Mediengelder“ von der EU beantragen.

Welche Rolle spielt dabei die Debatte über die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender im Netz?

Sehr viele private Medien möchten nicht, dass der öffentlich-rechtliche Dienst im Internet operiert und Konkurrenz macht. Bis zu einem gewissen Grad kann ich das auch absolut nachvollziehen. Auf der anderen Seite ruft das natürlich einen Innovationsrückstand hervor, wenn alles geblockt wird, was von den Öffentlich-rechtlichen kommt. Wir schaffen es mittlerweile, Kooperationen mit Medien zu machen, die uns vorher nicht allzu wohlgesonnen waren, aber das ist noch in der Entwicklung. In Deutschland gibt es also momentan ein Produktions- und Vertriebsproblem. Aber es geht voran: Sowohl öffentliche Instanzen als auch private Medien in Deutschland haben verstanden, dass man gemeinsam wesentlich bessere Sachen produzieren kann. Wir hoffen in Deutschland stark auf „Die Zeit“, da das vom Publikum her passt und das Internet-Team auch von der Web-Strategie her längerfristig denkt.

Setzt ARTE in Zukunft mehr auf deutsche Webdokus?

Wir wollen natürlich ganz stark, dass auch deutsche Kollegen interaktive Programme produzieren. Bislang ist nur eine Webdoku auf Arte-Webdocs von einem deutschen Autor (Florian Thalhofer). Es ist uns wichtig, dass da zwischen den Sprachen ein Gleichgewicht entsteht. Noch gibt es keine öffentlichen Fonds für interaktive Formate in Deutschland, aber ich glaube, da wird es ein Umdenken geben. Vor zwei Jahren wäre ich da noch sehr skeptisch gewesen, da selbst in Frankreich nicht klar war ob es dort interaktive Formate eine Zukunft haben. Mittlerweile ist klar: Sie haben eine!

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Webdoku-Tipps von Alexander Knetig:

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16 Responses to “Interview: Alexander Knetig von ARTE Webdocs”

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