Weg mit zu vielen Fakten – her mit den Emotionen! Denn jede Postkarte erzählt ihre eigene, persönliche Geschichte – und Lebt wohl, Genossen! interaktiv erzählt die Geschichten hinter 30 Postkarten, verschickt in den letzten 15 Jahren vor dem Ende der Sowjetunion. In Interviews erzählen die Protagonisten von ihren persönlichen Zeilen und damit vom Leben hinter dem Eisernen Vorhang.
screenshot: Lebt wohl, Genossen!
Eine Beatles-Postkarte von 1987 führt den Zuschauer zum Interview von Nikolai Wassin. Und der lacht in seinen wilden Bart. Er galt als größter sowjetischer Beatles-Fan und die Zeit, als er die Rock- und Popkultur in Moskau mitprägte scheint neben allen Repressalien auch amüsant gewesen zu sein. In seiner Wohnung hatte er 1963 ein Beatles-Museum eingerichtet, das in der Szene nur als „Yellow Submarine“ bekannt war.
Eine weitere Postkarte zeigt ein Liebespaar in schwarz-weiss. Der Ungar Bertalan Farkas hatte das Foto von ihm und seiner Frau 1980 an Bord einer Sojus-Kapsel mit in den Weltraum genommen. Seine Geschichte handelt von Sehnsucht und von ungarischem Essen im Raumschiff.
Farewell Comrades!Zu den Postkarten kommt man über eine Haupt-Oberfläche, die zur Orientierung eine Zeitleiste und eine geographische Übersichtskarte anzeigt. Zudem sind die Interviews auch nach Themenblöcken sortiert. Dazu kommen die üblichen Verknüpfungen mit den gängigen sozialen Netzwerken. Die Grafiker haben eine klasse Arbeit geleistet, das Thema ist visuell sehr ansprechend und ästhetisch umgesetzt.
Allerdings leidet insgesamt die Übersichtlichkeit unter den ganzen internen Verlinkungen und interaktiven Möglichkeiten, die selten intuitiv gesetzt sind. Es bleibt am Ende das Gefühl, dass ein wenig mehr vorgegebene „Richtung“ dem Zuschauer mehr Lust machen würde, auf Entdeckungsreise zu gehen.
Allerdings ist die Webdoku auch nur ein Teil eines großangelegten Transmedia-Projekts. Für die, die es ganz linear mögen: die zugehörige 6-teilige TV-Serie läuft zur Zeit auf Arte.
Veröffentlichung: Januar 2012
Produktion: Lena Thiele und Pierre-Olivier François, Koproduktion von ARTE France, ARTE G.E.I.E. , ARTE /ZDF, Gebrueder Beetz Filmproduktion und Artline Films
Link: http://www.farewellcomrades.com/de/
Der sehr lesenswerte französische Le blog documentaire hat über den Rhein nach Deutschland geschaut und mit dem Regisseur und Webentwickler Tawan Arun aus Berlin gesprochen. Zwei seiner Projekte sind erst vor Kurzem online gegangen: Bielutin, die Geschichte einer unglaublichen Kunstsammlung, veröffentlicht auf ARTE; sowie Europa: Die Ostgrenze, bei der Tawan Arun Co-Autor ist. Das Interview ist ursprünglich in französischer Sprache auf Le blog documentaire erschienen. (weiterlesen...)
In der Webdoku-Fiktion Jour de Vote wird der Zuschauer zum neu gewählten Abgeordneten der französischen Nationalversammlung. Autor Simon Bouisson lief dafür zwölf Drehtage mit einer Canon 5d auf dem Kopf herum. Im Interview erzählt er wie das bei den Politikern ankam, warum Dramaturgie gerade bei interaktiven Geschichten so wichtig ist und doch so oft nicht funktioniert. (weiterlesen...)
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